
B. Sander | c: afi-fotodesign
Zwei prominente Protestanten bewerben sich um das Amt des Oberbürgermeisters in Wuppertal. Wäre der linke Kandidat Bernhard Sander für säkular denkende Menschen wählbar? Er stellte sich den Fragen von BERGiSCH & SäKULAR, dem Newsletter für alle säkulare Menschen im Bergischen Land.
B&S: Herr Sander, Sie kandidieren für das Amt des Oberbürgermeisters in Wuppertal. Aussichtsreiche Mitbewerber sind die beiden evangelischen Protestanten Mucke und Schneidewind. Sind Sie auch religiös orientiert?
Sander: Naja, einerseits finde ich, dass Glaubensangelegenheiten Privatsache sind, andererseits habe ich auf meine katholische Erziehung und Prägung dann und wann hingewiesen. Aber von Jugend an interessierte ich mich für rationale Erklärungen der Welt. Da kommt man allein mit Glauben nicht weit.
B&S: Bleiben wir gleich bei der Schule. In der Grundschule werden Kinder säkular denkender Eltern diskriminiert. Alle Schüler/innen müssen an einem Religionsunterricht teilnehmen oder werden mit einem Malbuch in die Ecke gesetzt. Einen religionsfreien „Ethikunterricht“ gibt es nicht. „Praktische Philosophie“ existiert bekanntlich nur in den Klassen 5 bis 10 – soweit Lehrkräfte vorhanden. Welche Möglichkeiten hätte ein linker OB, die Forderung nach „Ethikunterricht“ in der Grundschule voranzubringen?

Foto: B. Sander
Sander: DieLinke.Wuppertal fordert im „Kommunalwahl-Programm 2020“ die Wiedereinführung der wohnortnahen Schuleinzugsbezirke nach dem Motto „Kurze Beine, kurze Wege“, denn einige städtische Grundschulen sind bekanntlich konfessionell gebunden und müssen nicht alle Kinder aufnehmen. Eine „gute Schule für alle“ wird allerdings durch das NRW-Schulgesetz verhindert.
Wir verteidigen das Recht aller Menschen auf Freiheit des Bekenntnisses zu Weltanschauungen oder Religionen und fordern die Erziehung zu individueller und kollektiver Mündigkeit. Unser „Programm zur Landtagswahl 2017“ wollte das Verbindende verschiedener Weltanschauungen und Religionen in den Mittelpunkt stellen. Dazu würde eher ein gemeinsames Schulfach passen wie z.B. „Lebenskunde, Ethik, Religionen“ (LER). Interessant fände ich ggf. ein Pilot-Projekt in einer Wuppertaler Grundschule. Aber da liegt der Ball bei der Landesregierung und der Schulaufsicht.
B&S: Die Gebäude der Kirchengemeinden sind gewöhnlich nach § 3 Grundsteuergesetz von der Grundsteuer befreit. Dadurch entgeht dem kommunalen Haushalt einiges an Einnahmen. Ein Immobilienkataster zur Erfassung aller kirchlichen Gebäude und Grundstücke in Wuppertal gibt es aber offenbar nicht. Damit könnte hingegen die Grundlage zur Erhebung von Grundsteuer und somit Einnahmen für die Stadt geschaffen werden. Was halten Sie davon?
Sander: Wie Sie schon sagen, der Grundbesitz einer Religionsgesellschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts, der für religiöse Zwecke genutzt wird, ist seitens des Gesetzgebers von der Grundsteuer befreit. Das bedeutet eine Diskriminierung von Religionen, die nicht als solche anerkannt sind, bspw. den Muslimen. Die Grundsteuerbefreiung wird durch das Finanzamt festgestellt und der Stadt werden unter Berufung auf das Steuergeheimnis diese Daten nicht zur Verfügung gestellt. Insofern hat ein OB in dieser Sache nicht viel zu melden. Schließlich wäre zu klären, wie viel Mehreinnahmen an Grundsteuer überhaupt zu erwarten wären, um einen Aufwand in Ihrem Sinne zu rechtfertigen. Das kann ich aktuell nicht beurteilen.
B&S: Bei öffentlichen Feiern lädt die Stadt häufig Vertreter von Religionsgemeinschaften ein. Aber säkulare Weltanschauungsgemeinschaften werden in Wuppertal nicht berücksichtigt, Feiersprecher/innen oder Vertreter/innen der Gemeinschaften werden nicht eingeladen. Ist diese Praxis im Sinne der Gleichbehandlung nicht längst überholt?
Sander: Wir verteidigen das Recht aller Menschen auf Freiheit des Bekenntnisses zu Weltanschauungen oder Religionen. DieLinke achtet die Kirchen und Religionsgemeinschaften, ihre soziale Tätigkeit und ihre Unabhängigkeit. Aber niemand, der sich nicht bekennt, darf in irgendeiner Weise benachteiligt werden. So steht es im Programm meiner Partei von 2011. Aus meiner Sicht spräche nichts dagegen, zu städtischen öffentlichen Feiern neben Vertretern von Religionsgemeinschaften künftig auch Vertreter/innen säkularer Gemeinschaften einzuladen.
Ansonsten besuchen Sie gern mal meine Website www.Bernhard-Sander.de
B&S: Wir danken für das Gespräch und wünschen Ihnen viel Erfolg.
(Die Fragen für BERGiSCH & SäKULAR stellte Hans-Peter Schulz.)